Pflegekosten durch allgemeingültigen Tarifvertrag regeln

28 01 2015

Berlin, 28. Januar 2015. „Wer möchte, dass Altenpflegerinnen und –pfleger in Zukunft besser bezahlt werden, muss klar sagen, dass Pflege dadurch teurer wird und sicherstellen, dass dies refinanziert wird“, erklärt AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker angesichts der gestern veröffentlichten Studie zu den Löhnen in der Pflege. Die grundsätzlichen Ergebnisse der Studie seien hinlänglich bekannt: Die Leistungen der ambulanten Pflege sind chronisch unterfinanziert und die Pflegeberufe werden schlechter bezahlt als vergleichbare Berufe. Dank der Studie gibt es nun aber belastbare Zahlen. „Es ist zu hoffen, dass dies der Diskussion um Pflegefinanzierung einen neuen Schub gibt“, erklärt Döcker.
Durch die von der Politik gewollte Privatisierung vor allem in der Altenpflege ging vielerorts die Tarifbindung verloren. Da der Anteil der Personalkosten in der Pflege bei 85 Prozent liegt, wird der Wettbewerb vor allem über die Lohnkosten geführt. Tarifgebundene Unternehmen geraten dadurch schnell unter Druck. Der Gesetzgeber hat mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz (PSG I) darauf zwar reagiert und zum 1.1.2015 gesetzlich geregelt, dass Tariflöhne bei Preisverhandlungen zwischen Pflegeinrichtungen und Kassen sowie Sozialhilfeträgern nicht mehr als unwirtschaftlich abgelehnt werden dürfen. Allein, wenn frei-gemeinnützige, tarifgebundene Einrichtungen in einer Region in der Minderheit sind, nützt das wenig, wenn sie mit den Preisen dann nicht mehr konkurrenzfähig sind. Hier hilft nur ein flächendeckender, allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, für den sich die AWO seit längerem stark macht. Nur so läuft der Wettbewerb in der Altenhilfe nicht mehr über den Preis und damit die Löhne, sondern über die Qualität der Pflege.
In Sachen Refinanzierung gibt es zwischen den Bundesländer nicht zu rechtfertigende Unterschiede: So gibt es für 15 Minuten Unterstützung beim Waschen und Anziehen plus zehn Minuten Anfahrtszeit und Leistungsdokumentation sieben Euro in Sachsen und 18 Euro in Hessen. Hier sieht Döcker Handlungsbedarf: „Pflege muss überall den gleichen Wert haben. Die Bezahlung der Pflegekräfte sollte über einen allgemein verbindlichen flächendeckenden Tarifvertrag Soziales geregelt werden.“





AWO-Sozialbarometer zeigt: Bürger blicken skeptisch auf die finanzielle Absicherung im Pflegefall

11 11 2014

Berlin, 11. November 2014. „Immerhin 41 Prozent der Bevölkerung sind in Sorge um eine gute Versorgung im Pflegefall“, so der AWO Vorstand Brigitte Döcker anlässlich des aktuellen AWO Sozialbarometers zum Thema „Zukunft der Pflege“. Zwar sagten 55 Prozent, sie seien finanziell ausreichend abgesichert. In der Gehaltsgruppe mit einem monatlichen Einkommen unter 1.500 Euro sehen dies jedoch nur noch 42 Prozent so und 54 Prozent fühlen sich nicht ausreichend abgesichert. „Dies stimmt umso nachdenklicher, wenn man bedenkt, dass ein Großteil der Menschen sich oftmals keine zusätzliche Privatversicherung leisten kann.“

In diesem Zusammenhang sind auch die Ergebnisse des AWO Sozialbarometers mit Blick auf die Frage, ob der Anteil privater Vorsorge zur Finanzierung der Pflege angehoben werden sollte, einzuordnen. Nur 29 Prozent plädieren dabei für ein Mehr an privater Vorsorge. 57 Prozent der Befragten hingegen sehen in der Erhöhung der Beträge zur derzeitigen Pflegeversicherung ein Mittel. „Die Befragten zeigen eine wohltuend realistische Einschätzung der Lage“, betont Döcker. Allen Beobachtern sei klar: Die Zahl der Erwerbstätigen – und damit auch die Zahl der Beitragszahler – sinkt; die Zahl der Leistungsempfänger wird angesichts der demografischen Entwicklung kontinuierlich zunehmen. Das heißt, die Ausgaben werden steigen. Umso dringender sei ein weitreichendes Gerechtigkeits- und Finanzierungsverständnis in Politik und Gesellschaft, „um den Menschen die Sorge vor dem Alter oder als Pflegebedürftiger zu nehmen“, so das AWO-Vorstandsmitglied.

Die Zukunft von Pflege erfordert an vielen Stellen ein Umdenken bei allen Verantwortlichen. Eine integrierte, alle Bürger umfassende gesetzliche Pflegeversicherung und eine Beitragspflicht, die alle Einkommen erfasst, gewährleisteten eine hinreichende Finanzierungsgrundlage. Zwar würden immer wieder Argumente ins Feld geführt, dass eine sogenannte Bürgerversicherung administrativ und rechtlich nicht umsetzbar sei. „Dies hat die AWO allerdings vor geraumer Zeit mit seriösen Gutachten widerlegt und gegenüber den politisch Verantwortlichen auch kommuniziert“, konstatiert Döcker. Demnach ist die Pflege-Bürgerversicherung nicht nur gerecht, sondern auch ohne zusätzliche Kosten umsetzbar. Sie würde allen Bürgern eine ausreichende Absicherung gewährleisten, Leistungsverbesserungen ermöglichen und eine private Zusatzversicherung überflüssig machen.

Das AWO-Sozialbarometer fragt nach sozialpolitisch relevanten Themen in Deutschland. Die Studie wird von TNS-Infratest durchgeführt.

Weitere Informationen unter http://www.awo-sozialbarometer.org





Erstes Pflegestärkungsgesetz – jahrelanger Stillstand wird nicht aufgeholt

18 10 2014

AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker erklärt zur gestrigen Abstimmung über das erste Pflegestärkungsgesetz im Bundestag:
Berlin, 17. Oktober 2014. „Grundsätzlich begrüßen wir es, wenn die Situation der Pflege in Deutschland verbessert werden soll. Doch die geplanten Leistungsverbesserungen helfen nicht, den jahrelangen Stillstand in der Pflege wieder gut zu machen. Die grundsätzlich notwendigen Reformschritte, wie eine nachhaltige Finanzierung sowie die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, geht diese Reform nicht an.
Zudem wird diese Reform nicht nur in zwei Schritten geplant, sondern macht auch noch den zweiten Schritt vor dem Ersten. So sollen zwar in dem jetzigen ersten Schritt deutliche Leistungsverbesserungen umgesetzt, aber erst in einer zweiten Reformstufe soll, voraussichtlich 2017, der seit 2011 vorliegende neue Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt werden.
Auch wenn die jetzt geplanten Leistungsverbesserungen dringend notwendig sind, erschwert dieses Vorgehen eine gezielte und systematische Verzahnung und Abstimmung von Leistungsverbesserungen im Sinne des neuen Pflegebegriffs.

Leistungsverbesserungen
Durch das erste Pflegestärkungsgesetz erfolgt die dringend notwendige Anpassung der Leistungen der Pflegeversicherung. Die Größenordnung gleicht aber bei weitem nicht die schleichende Entwertung der Pflegeleistungen in den letzten Jahren bzw. zwei Jahrzehnten aus. Eine Leistungsdynamisierung in Anlehnung an die Inflation, wie sie derzeit vorgesehen ist, hält den Kaufkraftverlust der Pflegeversicherungsleistungen nicht auf, da zukünftige Lohnsteigerungen des Pflegepersonals nicht miteingerechnet werden. Die AWO fordert deshalb, eine jährliche automatische Anpassung der Höhe der Leistungen der Pflegeversicherung, die neben der Inflation auch die Lohnentwicklung miteinbezieht.
Wir begrüßen außerordentlich die Anerkennung von tariflicher Bezahlung der Beschäftigten, in dem sie endlich nicht mehr als unwirtschaftlich eingestuft werden darf.

Zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen
Die AWO begrüßt grundsätzlich die Absicht des Gesetzgebers, zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen von Pflegebedürftigen zu übernehmen, da dies von den Menschen so gewünscht wird. Dennoch fordert sie, die Betreuungs- und Entlastungsleistungen zu einem Leistungspaket zusammenzuführen.
Aus Sicht der AWO resultieren hier aus der Umsetzung erhebliche Probleme. Besonders in Bezug auf die haushaltsnahen Dienstleistungen sehen wir die Gefahr, dass diese Leistungen ein Einfallstor zur Schaffung von Niedriglohnbereichen unterhalb des Pflegemindestlohns sowie für prekäre Beschäftigungsverhältnisse insbesondere von Frauen darstellen können. Darüber hinaus ist bisher unklar, wie die Qualität der Leistungsangebote sichergestellt werden kann.

Vorsorgefonds
Der geplante Vorsorgefond stellt keine nachhaltige, solide und gerechte Finanzierungsbasis für eine stetig alternde Gesellschaft dar. Die Pflegeversicherung benötigt das Geld heute. Statt wie geplant, das notwendige Kapital den unsicheren Finanzmärkten anzuvertrauen, sollte es in die regelhafte Dynamisierung von Leistungen investiert werden. Darüber hinaus können diese Rücklagen vor dem Zugriff späterer Regierungen so nicht geschützt werden.

Finanzierung
Der Hauptbaustein einer Pflegeversicherungsreform sollte nach Auffassung der AWO in einer grundlegenden Reform der Einnahmebasis der Pflegeversicherung liegen. Dass die Ausgaben steigen, ist aufgrund der demografischen Entwicklung nicht zu ändern. Wenn man die Beiträge zur Pflegeversicherung auf alle Einkommensarten erheben würde, dann könnte man einen grundsätzlichen Fehler der Pflegeversicherung endlich beheben. Machen wir so weiter, dann müssen die Erwerbstätigen die Pflege mit immer höheren Beiträgen schultern.

Zur AWO Stellungnahme zum Entwurf der Bunderegierung
für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Leistungsausweitung für Pflegebedürftige, Pflegevorsorgefonds.





Anwerbung ausländischer Fachkräfte in der Pflege ist keine Patentlösung

25 08 2014

Berlin, 25. August 2014. „Die Anwerbung von ausländischen Arbeits- und Fachkräften in der Pflege ist ein Baustein, um dem aufklaffenden Fachkräftemangel in der Pflege beizukommen. Doch damit allein ist es überhaupt nicht getan“, erklärt AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker. Die Arbeiterwohlfahrt setzt sich gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege dafür ein, dass jegliche Bemühungen der Anwerbung auf ethische Grundsätze hin geprüft werden. Hierzu wurden wesentliche Kriterien zur fairen Mobilität zusammengefasst. Eine Anwerbung ist human, auf Menschenrechten basierend und verantwortungsbewusst zu gestalten. „Es liegt beispielsweise auf der Hand, dass es eine intensive sprachliche und kulturelle Vorbereitung der Fachkräfte braucht. Das kann jedoch nicht durch einen kurzen Sprachkurs geleistet werden, sondern braucht ausreichend Zeit“, hebt Döcker hervor.

Genauso entscheidend ist für die AWO, dass nicht nur eine Willkommenskultur unter Einbezug aller Beteiligten erarbeitet wird, sondern auch eine entsprechende Bleibekultur. „Wir müssen aus den Fehlern vorangegangener Anwerbephasen in Deutschland lernen und für die Angeworbenen und ihre Familienangehörigen verlässliche Arbeitsbedingungen schaffen. Das bedeutet auch, dass die Angeworbenen das Recht haben müssen, dauerhaft mit ihrer Familie hierbleiben zu können“, so das Vorstandsmitglied.

„Darüber hinaus darf Anwerbung nicht dazu missbraucht werden, den problematischen Status Quo in der Pflege zu zementieren. Wir müssen den Pflegeberuf insgesamt wieder attraktiver gestalten, unter anderem indem wir Pflegekräften mehr Zeit für ihre Pflegetätigkeiten geben, das heißt bessere Rahmenbedingungen schaffen. Ansonsten wechseln auch angeworbene Fachkräfte in attraktivere Arbeitsfelder. Genauso sind die vorhandenen Arbeitskräfte-Potenziale hier vor Ort zu heben, die bisher keinesfalls gänzlich genutzt werden“, ergänzt Döcker. Die Arbeiterwohlfahrt setzt sich deshalb intensiv für bessere Bedingungen in der Pflege ein. Anwerbung alleine kann den immensen Bedarf an Fachkräften nicht lösen, sondern es müssen aus Sicht der AWO die strukturellen Probleme angegangen werden. „Es wäre unverantwortlich sich nur schnell der einfachsten Lösung zu bedienen. Die Pflege braucht einen Maßnahme-Mix, um endlich genügend Fachkräfte zu gewinnen“, schließt Döcker ab.

Das entsprechende Positionspapier der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege finden Sie unter: http://www.bagfw.de/uploads/tx_twpublication/II_2014-07-16_Anwerbung_von_ausl__Arbeits-_und_Fachkr%C3%A4ften_in_der_Pflege_final.pdf





Chance verpasst: Kabinett verzögert wegweisende Pflegereform

30 05 2014

Berlin, 28. Mai 2014. „Es ist unverständlich, dass die Bundesregierung bei der Pflegereform trotz offenkundiger, fachlicher Kritik an ihren Vorhaben festhält. Gerade die zwei zeitlich getrennten Reformschritte der vorgezogenen Leistungsverbesserungen und der späteren Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs sind problematisch“, erklärt AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker. Heute beschließt das Bundeskabinett die erste Stufe der Pflegereform mit den Kernelementen Beitragserhöhung, Leistungsverbesserungen und Einführung einer Demografiereserve. „Leider soll erst in einer zweiten Reformstufe der wohlgemerkt seit 2011 vorliegende, neue Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt werden. Das ist aufgrund eines erneuten nun anberaumten Begutachtungsverfahrens voraussichtlich erst 2017 der Fall“, ergänzt Döcker.

Dieses Vorgehen erschwert eine gezielte Verzahnung und Abstimmung von Leistungsverbesserungen im Sinne des neuen Pflegebegriffs. „Der geplante Vorsorgefonds führt dazu, dass heute das Geld in der Pflegeversicherung fehlt. Anstatt es wie geplant unsicheren Aktien oder Aktienfonds auf den Finanzmärkten anzuvertrauen, sollte das Geld in die regelhafte Dynamisierung von Leistungen investiert werden“, unterstreicht das Vorstandsmitglied. Die jetzt vorgesehene Dynamisierung gleicht nicht ansatzweise die Leistungsentwertung der letzten Jahre aus. Zudem wird sie wieder von einer jährlichen Kassenprüfung abhängig gemacht. Im Ergebnis führt die Entwertung dazu, dass die Menschen immer weniger Leistungen für das gleiche Geld bekommen.

„Ein Vorsorgefonds, in den jährlich 1,2 Milliarden Euro abfließen, die jetzt nicht den Pflegebedürftigen zugutekommen, stellt keine gerechte Finanzierungsbasis für eine alternde Gesellschaft dar“, betont Döcker. Ab 2035 stehen die Mittel dann aber auch nicht für Leistungen für die Pflegebedürftigen zur Verfügung, sondern sollen dazu eingesetzt werden, die Beiträge zur Pflegeversicherung konstant zu halten. „Es ist bedauerlich, dass hier eine Chance für klare Verbesserungen verpasst wurde“, schließt das Vorstandsmitglied ab.





20 Jahre Pflegeversicherung: Viel zu tun

22 04 2014

Berlin, 22. April 2014. „Zweifellos war es ein sozialpolitischer Meilenstein 1994 die Soziale Pflegeversicherung als fünfte Säule der Sozialversicherung in Deutschland zu implementieren. Die heutigen Herausforderungen zeigen zugleich: Pflege ist ein elementarer Bestandteil für ein funktionierendes Gemeinwesen“, erklärt AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker. Wenn heute die Pflegeversicherung ihren 20. Jahrestag begeht, ist es wichtig zu betonen, dass die Arbeiterwohlfahrt ein deutliches Engagement im Bereich der Pflege von der Politik einfordert. Denn die demografische Entwicklung sowie die Veränderungen im privaten Bereich der Menschen erfordern eine entschiedene und zukunftsfähige Pflegepolitik.

„Der Bedarf an Pflege ist heutzutage immens, da ist es wichtig, dass trotz steigender Anzahl an Pflegebedürftigen nicht der Blick für den einzelnen Menschen verloren geht. Die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs ist deshalb umso dringlicher“, unterstreicht das Vorstandsmitglied. Dieser sieht vor, dass realistische und gerechte individuelle Pflegebedarfe ermittelt werden, die dann mit entsprechenden Leistungen zu hinterlegen sind. Dabei ist verständlicherweise die Finanzierung der Pflegeversicherung ein wichtiger Baustein. „Die AWO fordert die Einführung eines nachhaltigen, solidarischen und generationengerechten Finanzierungssystems für die Pflege. Das ist nur mit der Pflege-Bürgerversicherung zu haben“, hebt Döcker hervor.

Die rigide Trennung zwischen gesetzlicher und privater Kranken- und Pflegeversicherung ist einmalig in Europa und durch keine sachlichen Kriterien zu rechtfertigen. Eine Bürgerversicherung ist gerechter als die derzeitige Beitragsfinanzierung, weil sie die Finanzierung von Kranken- und Pflegeversicherung konsequent am Grundsatz der Leistungsfähigkeit eines jeden Bürgers orientiert. „Wenn die Zukunft der Pflege solidarisch und gerecht gestaltet werden soll, ist die Einführung der Pflege-Bürgerversicherung der einzig gangbare Weg“, sagt Döcker. Neben dem Reformbedarf hinsichtlich des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und einer nachhaltigen Finanzierung ist es weiterhin notwendig den Sozialraum, als Ort an dem Pflege stattfindet, wieder stärker in den Fokus zu rücken. „Der Wunsch der Mehrzahl der Menschen zu Hause alt werden zu können, muss als Grundsatz für die kommunale Verantwortung bei der Planung und Gestaltung der dazu notwendigen Dienstleistungen und Hilfen gelten. Das muss auch soziale  Teilhabe als Menschenrecht umfassen“, schließt Döcker ab.





Verbesserungen in der Pflege brauchen einen klaren Pflegebedürftigkeitsbegriff

4 04 2014

Berlin, 04. April 2014. Die heutige Debatte im Bundestag zur Deckungslücke der sozialen Pflegeversicherung und der staatlich geförderten Pflegezusatzversicherung, gibt Anlass die Finanzierungspläne der Bundesregierung im SGB XI zu bewerten. „Die geplante Anhebung der Mittel für die pflegerische Versorgung und Begleitung pflegebedürftiger Menschen ist grundsätzlich erfreulich. Sie war und ist längst überfällig, weil sie eine Schieflage zwischen Ansprüchen und Wirklichkeit in der Pflege bewirkt hat“, erklärt AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker. Unklar bleibt, inwiefern diese Leistungsverbesserungen anschlussfähig für den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff sind. Das ist jedoch dringend nötig.

„Es ist zwar für die Betroffenen angenehm, jetzt sofort  mehr Leistungen zu bekommen, aber Schritt eins wäre gewesen, die Leistungsbemessung umzustellen und dann die Leistungshöhe anzupassen“, unterstreicht das Vorstandsmitglied. Eine zukunftsweisende Pflegepolitik braucht die Festlegungklarer, realistischer und gerechter individueller Pflegebedarfe aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt.

„Die angekündigten Leistungsverbesserungen dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich um einmalige und kurzfristige Verbesserungen handelt. Kurzfristig deshalb, weil sich die nun geplante und nicht unerhebliche Beitragssatzsteigerung sobald nicht wiederholen lassen dürfte“, stellt Döcker heraus. Damit sind der Weiterentwicklung der Pflegeversicherung in Zeiten demografischer und sozialer Wandlungsprozesse deutliche Grenzen gesetzt. Im Gegensatz hierzu hätte eine Bürgerversicherung eine nachhaltige und solidarische Absicherung des Pflegerisikos ermöglicht, weil jeder Bürger einzahlen muss. „Damit wäre ein Fundament für eine zeitgemäße, flexible, dynamische und vorausschauende Anpassung von Leistungen an gesellschaftliche Veränderungen gelegt. Deshalb bleibt die Bürgerversicherung ein Zukunftsprojekt“, schließt das Vorstandsmitglied ab.





AWO Einschätzung zum Koalitionsvertrag

29 11 2013

Wir brauchen ein soziales Deutschland!

Berlin, 28. November 2013. „Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ist die Grundlage für unsere fachliche Einschätzung. Entscheidend ist, ob die sozialen Missstände in unserer Gesellschaft konsequent angegangen werden“, erklärt AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler. Klar ist: „Für eine sozial gerechte Gesellschaft brauchen wir dringend Investitionen ins Soziale“, ergänzt Stadler. Deshalb sind die anberaumten Ausgaben in Höhe von 40 Milliarden zu begrüßen, gleichwohl deren Finanzierung nachdenklich stimmt. Insbesondere die Kostendeckung von 23 Milliarden Euro aus den Sozialversicherungen ist bedenklich. „Wenn man nachhaltige Sozialpolitik machen und die dringend notwendigen Investitionen solide finanzieren will, wird man um Steuererhöhungen für die obersten Prozent der Gesellschaft nicht umhin kommen“, führt der Bundesvorsitzende aus. Vor allem fehlen konkrete Vorschläge wie die Arbeit in den Kommunen gestärkt wird. Die abschließende Bewertung des vorgelegten Koalitionsvertrages für die 18. Legislaturperiode erfolgt nach den fachlichen Positionen der Arbeiterwohlfahrt. Der angelegte Maßstab ist der AWO Forderungskatalog, der 20 zusammengefasste zentrale Forderungen umfasst. Zu einigen Bereichen sind bereits jetzt erste Tendenzen auszumachen.

Bildung, Betreuung, Erziehung

Die zusätzlichen sechs Milliarden Euro für Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen und Hochschulen der Länder sind richtig. Von einer substanziellen Verbesserung im Bereich Kindertagesbetreuung findet sich im Koalitionsvertrag nichts. So fehlt das Vorhaben eines bundesweiten Qualitätsgesetzes. Es fehlt eine regelhafte finanzielle Beteiligung des Bundes an den Betriebskosten für Kitas.

Pflege

Die AWO begrüßt die Aussagen zu den kurzfristigen Leistungsverbesserungen (beispielsweise der Ausbau der Betreuungskräfte, Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds etc.). Positiv zu bewerten ist die Stärkung der ambulanten Pflege. Ein weiterer positiver Aspekt ist der Ausbau der zehntägigen Pflegezeit als Lohnersatzleistung analog zum Kinderkrankengeld mit Rechtsanspruch. Die klare Aussage zur Umsetzung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes wird begrüßt. Unklar bleiben aber der Zeitpunkt und die Finanzierung der Umsetzung. Im Vertrag steht nur, dass die Umsetzung in einem zweiten Schritt geschehen soll und „nur“ 0,2 Prozentpunkte kosten soll. Bisherige Berechnungen, die versprechen, dass niemand weniger bekommt, gehen aber von Kosten aus, die 0,4 – 0,5 Prozentpunkte bedeuten würden. Das Grundsatzproblem der Pflegeversicherung, ihre systembedingte Einnahmeschwäche, wird leider nicht gelöst. Die Finanzierungslücke wird regelmäßig wieder auf der Agenda stehen und es sind immer höhere Belastungen durch die Erwerbstätigen zu schultern, während andere Einnahmen verschont bleiben.

Kinder, Frauen, Familie

Die Anhebung des steuerlichen Entlastungsbetrags für Alleinerziehende ist zu begrüßen. Es ist genauso erfreulich, dass der Koalitionsvertrag mit dem Programm „Perspektive Wiedereinstieg“ den beruflichen Wiedereinstieg von Frauen und Männern regelt. Der Koalitionsvertrag enthält leider keine Aussagen zu Kinderfreibeträgen, Kinderzuschlag, Ehegattensplitting oder Betreuungsgeld – hier sehen wir als AWO weiterhin dringenden Handlungsbedarf.

Beschäftigungspolitik

Die Stärkung der Branchenmindestlöhne über das Arbeitnehmerentsendegesetz ist zu begrüßen. Dasselbe gilt für den Beschluss, dass ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden soll. Hier fehlen jedoch weitere Informationen und konkrete Umsetzungsschritte. Dasselbe gilt für das geplante Rückkehrrecht aus Teilzeitarbeit in Vollzeitarbeit sowie für die Einschränkungen von Werkverträgen. Die AWO dringt auf eine schnelle Umsetzung und weitere Reformen wie etwa eine Eindämmung von Minijobs, die im Koalitionsvertrag noch fehlen.

Arbeitsmarktpolitik

Positiv zu bewerten ist, dass die Verhandlungspartner eine Erhöhung des Eingliederungstitels in Höhe von 1,4 Mrd. Euro vorsehen. Gleichwohl können damit die Kürzungen der vergangenen Jahre nicht kompensiert werden. Für die Gruppe der rund 400.000 Langzeitarbeitslosen, die absehbar keine Chance auf einen Job haben, fehlen geeignete Instrumente. Zielführend wären Investitionen in Fort-, Weiterbildung und sozialpädagogische Begleitung. Das geplante Programm des Europäischen Sozialfonds, mit dem Arbeitgeber durch Lohnkostenzuschüsse angeregt werden sollen Langzeitarbeitslose einzustellen, wird bereits getestet und läuft äußerst schleppend. Die AWO fordert seit langem einen sozialen Arbeitsmarkt mit sinnvoller Beschäftigung, langfristigen Perspektiven und einer professionellen Begleitung für die Betroffenen. Dies muss als Regelinstrument ausgestaltet sein und nicht als Zusatzleistung über den ESF.

Alterssicherung

Der Koalitionsvertrag sieht bedauerlicherweise keine Änderungen der jetzigen Rentenanpassungsformel vor, die unweigerlich zu noch weiteren Absenkungen des Rentenniveaus führt. Die jetzt beschlossene Regelung eines abschlagsfreien Rentenbezugs mit 63 Jahren nach 45 Versicherungsjahren trägt nicht zur Verringerung der Altersarmut bei. Das Konzept der solidarischen Lebensleistungsrente ist zwar von der Zielrichtung richtig, bringt jedoch für die Menschen insgesamt zu wenig. Problematisch ist die Bedarfsprüfung, die eventuell sogar doppelt vollzogen wird. Etwa dann, wenn trotz allem noch Ansprüche auf Grundsicherung im Alter geltend gemacht werden. Zudem sind die Anspruchsvoraussetzungen sehr eng gefasst. Die AWO fordert ein einfaches Freibetragsmodell: In der Grundsicherung müssen Rentenfreibeträge eingeführt werden. Die Verbesserung bei der so genannten „Mütterrente“ ist grundsätzlich zu begrüßen. Die Anhebung der Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder um einen Punkt ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Die Mehrkosten von über sechs Milliarden Euro sind jedoch aus Steuermitteln zu finanzieren. An den Kosten für die Kindererziehung sind auch diejenigen zu beteiligen, die keine Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung leisten. Richtig ist die Verbesserung für die Bezieher von Erwerbsminderungsrenten. Sie sind in den letzten Jahren deutlich unter die Grenze der Grundsicherung im Alter gerutscht. Insofern ist die Änderung der Regelung bei den Zurechnungszeiten zu begrüßen. Insgesamt scheinen die Maßnahmen in Bezug auf die Alterssicherung ungeeignet, Altersarmut zu verhindern und Lebensstandards zu sichern.

Migration

Wir begrüßen die Abschaffung der Optionspflicht für die hier geborenen Kinder von Migranten. Bedauerlicherweise werden die nicht in Deutschland geborenen Kinder nicht berücksichtigt. Darüber hinaus erfreut die verabredete Bleiberechtsregelung als wichtige Verbesserung. Zu kritisieren ist die Beibehaltung des Asylbewerberleistungsgesetzes, die Unterbringung in Lagern, das Festhalten an der Residenzpflicht und das Sachleistungsprinzip. Im gesamten Koalitionsvertrag fehlen klare Aussagen zur Bekämpfung von Rassismus in Deutschland.





AWO-Pflegeberatung veröffentlicht neue Informationsblätter

18 09 2013

Berlin, 18. September 2013. „Wer zum ersten Mal eine Pflegeberatung in Anspruch nimmt, erhält viele neue und wichtige Informationen auf einmal“, so AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker anlässlich der heute erschienenen Informationsblätter der AWO Pflegeberatung und erklärt weiter: „Wer sich noch nicht mit dem Thema Pflege befasst hat, wird diese kaum alle behalten und nutzen können.“

„Oftmals ergeben sich erst in der Reflexion des Beratungsgesprächs konkrete Fragen. Dafür erarbeitete die AWO Informationsblätter, die pflegenden Angehörigen und Betroffenen ermöglichen, Beratungsinhalte in aller Ruhe zu Hause nachzulesen“, erklärt Döcker das neue Angebot.

Die  Materialien geben Information und  Anleitung  auf Fragen wie zum Beispiel:

•          Wie erhalte ich Leistungen der Pflegeversicherung?

•          Wer unterstützt bei der Pflege, wenn ich Urlaub brauche?

•          Wie kann ich Beruf und Pflege vereinbaren?

•          Wie unterstützt die Pflegeversicherung bei der Pflege zu Hause?

Die AWO bietet seit mehreren Jahren erfolgreich Pflegeberatung telefonisch, online und vor Ort an. Kostenlos erhalten pflegende Angehörige Beratung rund um das Thema Pflege und Altern. Aber auch pflegebedürftige Menschen und weitere Interessierte wenden sich mit ihren Pflegefragen an die Experten der AWO.

Ein Beispiel für ein Informationsblatt findet sich im Anhang.

Weitere Informationen:

www.awo-pflegeberatung.de

 





Online-Pflege- und Seniorenberatung

3 04 2013

Die Arbeiterwohlfahrt bietet seit 2011 eine bundesweite und kostenlose Online-Pflege und Seniorenberatung an. Das Beratungsportal http://www.awo-pflegeberatung-online.de informiert und berät pflegende Angehörige, Pflegebedürftige, Seniorinnen und Senioren als auch weitere Interessierte rund um das Thema Pflege und Alter(n):

• Leistungsansprüche aus der Pflegeversicherung, Krankenversicherung,Sozialhilfe

• Pflegerische Dienstleistungsangebote

• Möglichkeiten der aktiven Lebensgestaltung im Alter

• Sonstige Fachthemen, wie Demenz oder Vorsorge

Zwei Möglichkeiten gibt es, um auf der Internetseite Rat zu finden. Es kann eine vertrauliche Anfrage an die Beraterinnen und Berater des AWO Bundesverbandes gestellt werden. Dies erfolgt als verschlüsselte Mailberatung. Die Nachricht wird hierbei nicht als herkömmliche E-Mail verschickt, sondern nur direkt in einem individuellen Briefkasten hinterlegt. Das bietet maximale Sicherheit und Anonymität. Eine erste Reaktion auf die Anfrage erhält die ratsuchende Person innerhalb von 48 Stunden. Neben der Mailberatung gibt es auf der Internetseite einen Pflegeratgeber, der zum Thema Pflege und Alter(n) wichtige Hinweise gibt.

Ziele:

Onlineberatung ist eine wichtige Ergänzung zu anderen Beratungsangeboten. Ein wichtiger Vorteil gegenüber anderen Beratungsformen ist die Erreichbarkeit unabhängig von Ort und Zeit. So können auch Ratsuchende auf dem Lande, wo wenig oder gar keine Beratungsstellen vorhanden sind, Hilfe finden. Auch sind nicht in allen Bundesländern Pflegestützpunkte, als Pflegeberatungsangebot, etabliert. Diese Lücke kann ein Onlineberatungsangebot schließen.

Weiterhin können z.B. pflegende Angehörige, zu später Stunde, wo keine Beratungsstelle mehr geöffnet hat, ihre Sorgen und Nöte „los“ werden.

Zielgruppen:
Seniorinnen und Senioren, pflegende Angehörige und weitere Interessierte